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"Alles steht zur Debatte"

Hundstorfer: Jährliche Pflegegeld-Anpassung sei unmöglich.
Hundstorfer: Jährliche Pflegegeld-Anpassung sei unmöglich. ©VN/Rhomberg
Sparpaket: Hundstorfer schließt nichts aus, besteht aber auf eine Vermögenssteuer.

Herr Minister, „Soziales“ ist der größte Ausgabenposten. Bedeutet das, dass es dort auch zu den größten Einsparungen kommen wird?

Rudolf Hundstorfer: Wir haben gestern im Ministerrat die Schuldenbremse beschlossen und sollten uns nun die nötige Zeit geben, über vernünftige Maßnahmen nachzudenken. Die Zielerreichung wird einnahmen- und ausgabenseitig erfolgen müssen. Im Sozialbereich selbst haben wir bereits in Loipersdorf (im Herbst 2010) einige nennenswerte Maßnahmen fixiert. So gibt es im ersten Pensionsjahr keine Pensionsanpassung mehr.

 

Eine andere Maßnahme wird im Zuge der Pensionsanpassung aber schon wieder rückgängig gemacht – der Alleinverdienerabsetzbetrag wird wieder eingeführt.

Hundstorfer: Aber nur für ärmere Pensionsbezieher. Und außerdem wird das dadurch finanziert, dass die Pensionsanpassung ab 3300 Euro brutto weniger als 2,7 Prozent beträgt.

 

Wird man sich auch in den nächsten Jahren noch Pensionsanpassungen im Ausmaß der vollen Inflationsabgeltung leisten können? Oder wird man diese Formel im Zuge des Sparpakets infrage stellen?

Hundstorfer: Alles wird zur Diskussion stehen. Aber es wäre jetzt unverantwortlich von mir, eine neue Formel zu präsentieren. Wir sollten jetzt wirklich in einer gewissen Ruhe darüber nachdenken, welche Maßnahmen wir setzen können.

 

Bis wann steht das Sparpaket?

Hundstorfer: Die nächste Hürde ist das Bundes-Finanzrahmengesetz (im Frühjahr). Bis dahin müssen die einnahmen- und ausgabenseitigen Dinge entwickelt sein, damit sie entsprechend eingeplant werden können.

 

Ohne einnahmenseitige Maßnahmen wird es nicht gehen?

Hundstorfer: Es muss einnahmenseitig etwas geschehen. Es muss klar sein, dass mit der Sozialdemokratie ohne vermögensbezogene Steuern so etwas nicht geht.

 

Will die SPÖ eine vermögens- oder eine einkommensbezogene Reichensteuer?

Hundstorfer: Vermögensbezogene Steuern müssen kommen. Den Weg müssen wir intern und mit dem Koalitionspartner diskutieren.

 

Reicht ein symbolischer Akt?

Hundstorfer: Das muss schon ein substanzieller Beitrag sein.

 

„Halbe, halbe“ einnahmen- und ausgabenseitige Maßnahmen?

Hundstorfer: Halbe, halbe oder 40 : 60, was auch immer. Zehn Prozent werden einnahmenseitig nicht reichen.

 

Ursprünglich wollten Sie das tatsächliche Pensionsalter bis 2020 um ein Jahr erhöhen …

Hundstorfer: … jetzt bin ich schon bei zwei Jahren.

 

Die ÖVP fordert vier Jahre.

Hundstorfer: Das ist unrealistisch, das hat noch kein Land geschafft. Zwei Jahre werden und müssen wir erreichen. Das wird auch sehr viel Geld bringen, in Summe zwei Milliarden Euro.

 

Wie soll das Ziel erreicht werden, ausschließlich durch Einschränkungen bei der Invaliditätspension?

Hundstorfer: Durch eine Mischung von Maßnahmen. Aber dazu laufen zurzeit Gespräche mit den Sozialpartnern, denen ich nicht vorgreifen möchte.

 

Wird das Bonus-Malus-System zu vorzeitigem oder späterem Pensionsantritt ausgebaut?

Hundstorfer: Das ist Teil des Diskussionsprozesses.

 

Haben Sie schon Vorstellungen?

Hundstorfer: Ich bin dabei, sie zu entwickeln.

 

Wird es Einschränkungen bei der Pflege geben?

Hundstorfer: Wir haben den Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 erst erhöht. Zur langfristigen Finanzierung gibt es Gespräche. Aber klar ist: Wenn es eine Schuldenbremse gibt, wird man sich nicht jedes Jahr eine Valorisierung des Pflegegeldes leisten können.

 

Auch aus der Sozialdemokratie gibt es Kritik an der Schuldenbremse. Was sagen Sie dazu?

Hundstorfer: Die Situation ist nicht einfach. Aber wir haben jetzt die Chance, selbst die nötigen Dämpfungsmaßnahmen zu setzen. Andere Länder haben das nicht mehr. Daher müssen wir die Chance nützen. (VN-joh)

Interviewer: Johannes Huber/VN
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