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Alles organisiert, außer den Tod

Im Krematorium in Hohenems werden Einäscherungen durchgeführt.
Im Krematorium in Hohenems werden Einäscherungen durchgeführt. ©VOL.at / Hofmeister
Hohenems - 75 Prozent der Verstorbenen werden in Vorarlberg eingeäschert. Claus Kergel bedauert fehlende Trauerkultur.

Zu Allerheiligen besuchten viele auf den Friedhöfen die neu bepflanzten Gräber und auch die dekorierten Urnennischen. Immer mehr Vorarlberger finden dort ihre letzte Ruhestätte. Schon 75 Prozent der Vorarlberger werden nach ihrem Tod eingeäschert. „Es ist kontinuierlich angestiegen“, sagt Claus Kergel, der das einzige Vorarlberger Krematorium in Hohenems leitet. 2500 Menschen verstarben im Vorjahr in Vorarlberg.

Steigende Nachfrage

Bei 23 Prozent Einäscherungen habe man 1998 angefangen. Und die Nachfrage nach Feuerbestattungen steige nach wie vor. Der Geschäftsführer schätzt, dass es in den nächsten zehn Jahren bis zu 85 Prozent sein werden. Dafür gebe es verschiedene Gründe: „Platzmangel auf den Friedhöfen, die persönliche Gestaltung bei Urnenbeisetzungen oder Hygienegründe.“ Und auch der finanzielle Faktor spielt bei manchen eine Rolle: Feuerbestattungen sind günstiger als Erdbestattungen. Bis es in Vorarlberg ein Krematorium gab, fuhren viele nach St. Gallen oder Lindau, um Verstorbene einäschern zu lassen.

Kaum Urnen zu Hause

Seit 2009 ist es erlaubt, die Urne auch mit nach Hause zu nehmen. Das wolle aber kaum jemand: „In den letzten zwei Jahren waren das vielleicht fünf Leute. Die Nachfrage war viel größer, als es nicht legal war“, erzählt der Geschäftsführer.

Kergel will seine Tätigkeit nicht als Job bezeichnen. „Das ist eine Berufung und Lebensaufgabe. Ein wichtiger Prozess.“ Er bedauert, dass die Trauerkultur hierzulande immer mehr abhanden komme. „Die Bestattungskultur ist verloren gegangen. Früher wurden die Toten zu Hause aufgebahrt. Es gab eine Totenwache, das ganze Dorf kam zusammen.“ Mittlerweile würde man meist nicht einmal mehr zur Beerdigung der Nachbarn gehen. „Uns geht es zu gut, deshalb wollen wir den Tod nicht als Teil des Lebens sehen“, so erklärt es sich Kergel. Dabei sieht er den Tod als das einzig Gerechte an: „Jeder Mensch darf sterben. Der eine früher, der andere später. Was 100-prozentig kommt, ist der Tod.“

Über den Tod sprechen

Dass viele Menschen den Tod verdrängen, sieht er auch in seinem Arbeitsleben. „Man plant und organisiert alles. Man spricht aber zu Lebzeiten oft nicht darüber, wie man sterben will. Und dann kommen Angehörige, die nicht wissen, ob ihr Partner eine Feuer- oder Erdbestattung bevorzugt hätte.“ (VN)

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