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AK erstreitet 22 Millionen Euro für Arbeitnehmer

AK-Präsident Siegfried Pichler kann mit einer äußerst positiven Bilanz aufwarten.
AK-Präsident Siegfried Pichler kann mit einer äußerst positiven Bilanz aufwarten. ©Neumayr/Archiv
Rund 80.000 Mal stand die Rechtsberatung der AK Salzburg den Arbeitnehmern 2014 zur Seite. Es tauchen immer neue Varianten auf, wie versucht wird, deren Rechte zu umgehen. Das führte zu einigen krassen Fällen. Bedenklich ist für die Experten vor allem, dass immer mehr Ältere gekündigt werden.
1,2 Mio. € für Konsumenten
Beratung immer wichtiger

Die Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Salzburg ist Kernaufgabe der Arbeiterkammer. Was die Arbeitsrechts-Beratung der AK hier in der Stadt Salzburg und den Bezirken leistet, spricht für sich: 2014 wurde fast 80.000 Mal persönlich, telefonisch und per Mail beraten. Etwa 15.000 Mal kamen Betroffene direkt in die AK vor Ort. Den Löwenanteil machte die telefonische Hilfe aus: Über 62.000 Beratungen. Per E-Mail kamen im vergangenen Jahr knapp 2.000 Anfragen. “Dieser Bereich wächst am stärksten. Die Probleme werden immer komplexer. Teilweise sind Bündel an Dokumenten angehängt. Bei einfachen Fragen informieren sich viele Arbeitnehmer schon selbst über die AK-Webseite oder Broschüren. Wird es diffizil, sind unsere Juristen wichtiger denn je”, weiß Abteilungsleiter Heimo Typplt.

Salzburger leisten 22 Mio. Überstunden jährlich

“Vertreter der Wirtschaft und Industrie rufen wieder verstärkt nach weniger Regeln und mehr Flexibilität. Viele Arbeitnehmerrechte sind ihnen ein Dorn im Auge”, sagt AK-Präsident Siegfried Pichler. Dabei werden sie schon jetzt oft nicht eingehalten. Das führt unter anderem zu psychischem Druck. 30 Prozent aller Arbeitnehmer sind diesbezüglich belastet – vor allem Beschäftigte, die nicht in einer Führungsposition sind. „Das ist auch für unsere Berater eine Herausforderung“, sagt Heimo Typplt. Die Ursachen: Zeitdruck, monotone Arbeit, unsichere Zukunft. „Es braucht deshalb vor allem einen Ausbau und teils eine bessere Abstimmung der Rechtssicherheit für Arbeitnehmer. Wünschen wie dem zwölf Stunden Tag erteilen wir eine klare Absage. Wird das ausgereizt, sind psychische Ausfälle und das Unfallrisiko vielfach erhöht. Das schadet Arbeitnehmern und Wirtschaft”, so der AK-Präsident. Salzburgs Arbeitnehmer leisten schon jetzt rund 22 Millionen Überstunden pro Jahr, jede vierte unbezahlt – die betreffenden Unternehmer ersparen sich so auf unfaire Weise 70 bis 100 Millionen Euro.

Arbeiterkammer führte knapp 1.000 Verfahren

Außergerichtlich erkämpfte die AK-Rechtsberatung 1.038.764 Euro durch Interventionen. Ging es vor Gericht, war die AK der Garant dafür, dass die Mitgliedert zu ihrem Recht kommen. 952 Verfahren wurden 2014 geführt, die meisten davon gewonnen, oder es kam zu einem für die Arbeitnehmer günstigen Vergleich. Den Betroffenen brachte das 3,5 Millionen Euro. Verloren hat die AK nur 29 Fälle – das sind nicht einmal drei Prozent.

Auch wenn 2014 keine großen Unternehmen in den Konkurs rutschten, kamen doch viele kleine und mittlere Unternehmen in eine finanzielle Schieflage. 9,3 Millionen Euro wurden von der AK beim Insolvenzentgeltsicherungsfonds im Sinne der betroffenen Mitarbeiter geltend gemacht.

Direkt in die Wirtschaft zurück fließen die Steuergutschriften, die Salzburger im Rahmen des Steuerlöschers und der AK-Lohnsteuerberatung beim Finanzministerium geltend machen. Über 12.000 Mal wurde bezüglich der Arbeitnehmerveranlagung beraten. 7,9 Millionen Euro kamen dabei heraus – rund 650 Euro pro Beratung. “Alle Bereiche der AK-Rechtsabteilung haben fast 22 Millionen Euro für die Menschen im Bundesland herausgeholt”, so Heimo Typplt.

Diese Themen bewegen aktuell besonders:

  • Immer mehr Arbeitgeber drängen auf eine Einvernehmliche Auflösung, zum Beispiel bei Krankenständen – und stellen dann mitunter später wieder ein. In einem Fall besuchte ein Chef den Mitarbeiter nicht für gute Wünsche vor einer Mandeloperation, sondern mit einer Einvernehmlichen Auflösung zum Unterschreiben. Dazu die (nur) mündliche Zusage einer Wiedereinstellung nach der Genesung. Der Arbeitnehmer habe ja keinen Nachteil, weil er Krankengeld erhalte. So wurde das Entgeltfortzahlungsrisiko vollständig auf den Krankenversicherer übertragen. Die AK klagte. Das Gericht erklärte das Vorgehen des Unternehmers für nichtig. Das an und für sich gute Instrument wird so ad absurdum geführt. Immerhin jedes vierte Dienstverhältnis wird bereits einvernehmlich aufgelöst. Die „Einvernehmliche“ schafft prinzipiell mehr Flexibilität, was den Zeitpunkt des Endes eines Dienstverhältnisses betrifft. In Wahrheit umgehen manche Arbeitgeber mit dem oben erwähnten oder einem ähnlichen Vorgehen aber vor allem ihre Pflicht, das Entgelt fortzuzahlen. Stattdessen muss die Krankenkasse einspringen: Dem Betroffenen steht dann in der Regel weniger Geld zu – und die Versicherungsgemeinschaft brennt, nicht der unlauter agierende Betrieb. “Gäbe es wieder einen Fonds zum Fortzahlen des Entgelts – er wurde im Jahr 2000 abgeschafft – dann wäre gar kein Anreiz mehr für die Arbeitgeber da, sich um diesen Beitrag zu drücken”, so Siegfried Pichler. Und: “Es muss wie im Konsumentenschutz ein Rücktrittsrecht von einvernehmlichen Auflösungen geben, wenn ein Arbeitnehmer zum Beispiel im Krankenbett überrumpelt wird!”
  • Viele Fälle in der AK-Rechtsberatung drehen sich auch um die so genannte Auflösungsabgabe. Der Dienstgeber muss bei Auflösung eines Dienstverhältnisses zahlen: 2015 sind das 118 Euro. So soll vor allem kurzfristiges an- und abmelden bei der Sozialversicherung verhindert werden. Viele Dienstgeber wälzen diesen Betrag auf ihre Arbeitnehmer ab – gerade bei einvernehmlichen Auflösungen. Auch die “Kündigung unter Verzicht auf die Kündigungsfrist” ist in diesem Fahrwasser im Kommen. Nicht zuletzt werden durch die Regelung immer mehr Dienstverträge auf ein halbes Jahr befristet, denn dann fällt die Gebühr nicht an. Eine Ausnahme, die der Tourismus für seine Saisonniers in das Gesetz hineinreklamiert hat. Ein Chef ließ zum Beispiel  alle seine Mitarbeiter nach Einführung des Gesetzes zur Auflösungsabgabe nachträglich einen entsprechenden Zusatz zum Dienstvertrag unterschreiben, dass alle jetzt auf ein halbes Jahr befristet seien. “Wäre die Auflösungsabgabe für längstens vier Wochen direkt an die vom AMS bezahlte Arbeitslosenunterstützung gekoppelt, dann würden diese Probleme aufhören: Löst nämlich der Arbeitnehmer auf, fällt sie überhaupt nicht an, weil er in diesem Fall auch für vier Wochen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Auch einer „Einvernehmlichen“ entfiele sie, wenn der Arbeitnehmer sofort einen neuen Job hat. Das Gesetz könnte so sehr vereinfacht werden. Die Abgabe käme genau dem Bereich zu, für den sie gedacht ist: Aktive Arbeitsmarktpolitik für gekündigte Arbeitnehmer”, schlägt Heimo Typplt vor.
  • Immer häufiger gibt es Probleme mit SMS-Nachrichten. Dienstnehmer kommunizieren mit ihren Chefs per Short Message – und verwenden dort den vom Freundeskreis gewohnten lockeren Umgangston oder verschicken ohne viel nachzudenken einige Zeilen. Das führt zunehmend zu rechtlichen Problemen. Beim persönlichen Gespräch passiert das seltener, weil man von Angesicht zu Angesicht vorsichtiger beim Formulieren ist.
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