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Ärztekammer und Krebshilfe starten "Don't Smoke"-Volksbegehren

Am Donnerstag fiel der offizielle Startschuss für das "Don't Smoke"-Volksbegehren.
Am Donnerstag fiel der offizielle Startschuss für das "Don't Smoke"-Volksbegehren. ©APA
Um die Pläne der Bundesregierung - ab Anfang Mai das geplante Rauchverbot zu kippen - zu verhindern, starteten die Wiener Ärztekammer und die Österreichische Krebshilfe am Donnerstag das Volksbegehren "Don't Smoke". "Wir müssen endlich ein starkes Bekenntnis zum Nichtrauchen und zum Nichtraucherschutz abgeben", so Thomas Szekeres, Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer.
Bei der Pressekonferenz
Schwarz-Blau kippt Rauchverbot
Liste Pilz untersützt Volksbegehren
Österreicher wollen rauchfreie Gastro

Die Wiener Ärztekammer und die Österreichische Krebshilfe haben am Donnerstag die heiße Phase ihres “Don’t Smoke”-Volksbegehrens mit dem Sammeln von Unterstützungserklärungen in ganz Österreich gestartet. Die neue schwarz-blaue Bundesregierung hatte angekündigt, das ab Anfang Mai geplante Gastro-Rauchverbot zu kippen. Dagegen werden jetzt Stimmen gesammelt.

“Don’t Smoke”: Volksbegehren für Nichtraucherschutz gestartet

“Unsere Aufgabe als Ärzte ist es nicht nur, Kranke gesund zu machen, sondern auch dafür zu sorgen, dass Menschen nicht krank werden. Wir müssen endlich ein starkes Bekenntnis zum Nichtrauchen und zum Nichtraucherschutz abgeben”, sagte der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. “Wir wissen, dass so ein Rauchverbot (in der Gastronomie; Anm.) unmittelbar positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat.”

Seit dem Bekanntwerden der Pläne der Regierung haben exakt 468.222 Menschen eine diesbezügliche “Don’t Smoke”-Online-Petition der Österreichischen Krebshilfe und der Ärztekammer unterzeichnet. Seit Donnerstagfrüh können über die Gemeinde- und Bezirksämter, per Bürgerkarte oder Handy-Signatur die Unterstützungserklärungen für die Einleitung des Volksbegehrens abgeben werden. Zumindest 8.401 solcher Erklärungen sind dafür notwendig. Diese Unterstützungserklärungen werden dann für das eigentliche Volksbegehren angerechnet. Ab einer Beteiligung von mehr als 100.000 Menschen muss das Volksbegehren im Parlament zumindest behandelt werden.

“Österreich schon 2005 zu Maßnahmen gegen Rauchen verpflichtet”

Die Pläne der neuen österreichischen Regierung hätte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe, der Wiener Gynäkologe Paul Sevelda, “nicht für möglich gehalten.” Österreich hätte sich schon 2005 mit der Unterzeichnung und Ratifizierung der UN-Tabak-Rahmenkonvention zu strengen Maßnahmen gegen das Rauchen verpflichtet.

“Dass das Rauchen schädlich ist, ist selbst den Rauchern klar. (…) Es versteht in Wahrheit niemand, warum die Gesetzeslage (mit dem Gastro-Rauchverbot ab Mai 2018; Anm.) verändert werden soll. Die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung ist nicht verhandelbar. Das ist die erste österreichische Bundesregierung, der die Gesundheit der Bevölkerung nicht wichtig ist.” Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hätte ehemals für die Initiative “Don’t Smoke!” unterschrieben. “Letztendlich ist er umgefallen. Er wird schon seine Gründe kennen”, sagte Sevelda.

Informationsoffensive zum Volksbegehren gestartet

Zum Start der Unterschriftensammlung für die Durchführung des Volksbegehrens beginnt zeitgleich auch eine Informationsoffensive der Wiener Ärztekammer und der Österreichischen Krebshilfe.

Neben Plakaten und Flyern, die abgesehen von Wien auch in der Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg an Ordinationen verschickt werden, informiert ein eigens produzierter Wartezimmer-TV-Spot auf Ordinationsbildschirmen. Auch die Website www.dontsmoke.at ist seit Donnerstag online und wird eine zentrale Anlaufstation für interessierte Bürger.

dontsmoke.at: So kann das Volksbegehren unterstützt werden

Auf der neu eingerichteten Homepage gibt es die Möglichkeit, die jeweils geografisch nächsten Eintragungsorte zu finden, und auch die Unterstützung per Handy-Signatur wird genau erklärt. Hier kann man mit wenigen einfachen Schritten bequem und von überall aus das Volksbegehren unterstützen.

Unterzeichnen kann man das Volksbegehren persönlich und auch online. Das zentrale Wählerregister vereinfacht seit 30. Jänner dieses Jahres beide Amtswege. Persönlich kann man die Unterstützungserklärung unabhängig vom Hauptwohnsitz in jedem beliebigen Bezirks- oder Gemeindeamt in ganz Österreich abgeben. Für die Online-Unterzeichnung braucht man entweder die (kostenlose) elektronische Handy-Signatur oder eine Bürgerkarte.

Die Unterschriften werden ab sofort für die Durchführung des Volksbegehrens gesammelt. Nur wenn zumindest ein Promille der österreichischen Bevölkerung (das sind derzeit 8.401 Personen), oder auch mehr, unterzeichnen, wird eine Eintragungswoche für das offizielle Volksbegehren festgelegt. Werden dann mindestens 100.000 Unterschriften erreicht, muss das Thema im Parlament behandelt werden – wobei alle ab 15. Februar gesammelten Unterstützungserklärungen bereits mitzählen.

Bereits zahlreiche Unterschriften bis Mittag eingegangen

Die Österreich reagieren auf das “Don’t Smoke”-Volksbegehren offenbar mit einem Ansturm zur Abgabe von Unterstützungserklärungen. “Wir haben schon viele Unterschriften”, sagte Kammerpräsident Thomas Szekeres Donnerstag kurz nach Mittag gegenüber der APA. Der Ansturm führte sogar zu EDV-Problemen. “Wir haben Anfragen, wonach die Abgabe der Unterstützungserklärung bei manchen Gemeinde- oder Bezirksämtern sowie über per Handy-Signatur nicht funktionierte”, betonte eine Sprecherin der Standesvertretung gegenüber der APA.

Die Wiener Ärztekammer fragte beim Innenministerium nach. “Wir erhielten die Auskunft, dass das dem großen Ansturm geschuldet ist”, sagte die Sprecherin. Der Computer-Server hätte die Anfragen nicht bewältigt. “Man hat uns gesagt, dass das System so schnell wie möglich wieder funktionieren wird.” Man arbeite an dem Problem. Szekeres betonte, dass man in den kommenden Wochen möglichst viele Unterstützungserklärungen sammeln wolle. “Die zählen ja dann auch für das Volksbegehren”, sagte der Ärztekammerpräsident.

Onkologe: Tausend Tote monatlich

“Es ist eigentlich eine Schande, dass wir heute hier sitzen müssen”, sagte bei der Pressekonferenz zum Start des Sammelns von Unterstützungserklärungen für das “Don’t Smoke”-Volksbegehren in Wien der Grazer MedUni-Rektor Hellmut Samonigg, jahrzehntelang als führender Onkologe tätig. Vor 40 Jahre hätte sich Österreich zukunftsweisend entschlossen, das Atomkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb gehen zu lassen. Dagegen müsse das Land heute darum kämpfen, vom letzten Platz beim Nichtraucherschutz in Ländervergleichen wegzukommen. “Tabak ist das einzige Produkt, das die Hälfte seiner Konsumenten tötet, sagt die Weltgesundheitsorganisation. Krebs hat ein Drittel seiner Ursachen im Nikotin”, stellte Samonigg fest.

Der Onkologe nannte die durch den Tabakkonsum in Österreich jährlich verursachten Todeszahlen und führte zur Versinnbildlichung dazu einen Vergleich aus der Luftfahrt an: “Es sterben jedes Jahr 13.000 bis 14.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. In Österreich sterben (durch Rauchen, Anm.) pro Monat alle Insassen eines Airbus mit 850 Insassen, der gegen eine Felswand kracht. Die Insassen einer solchen Maschine und die Insassen eines kleineren Airbus mit 250 Personen sterben pro Jahr durch das Passivrauchen.” Binnen drei Minuten hätten die Österreicher wieder 120.000 Zigaretten geraucht, innerhalb eines Jahres 16 Milliarden Stück oder aneinandergereiht die Strecke von der Erde zum Mond.

Er, Samonigg, habe in seinem Berufsleben tausende Krebspatienten, speziell Lungenkrebspatienten mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate bei letzteren von 20 Prozent gesehen. Die Regierung lasse die Raucher im Stich, die Gastronomen im Stich, Österreich im Stich.

“Rauchverbot in jeder Bananenrepublik möglich”

Die Grazer Ärztin Daniela Jahn-Kuch, ihr Bruder und Journalist Kurt Kuch starb am 3. Jänner 2015 an Lungenkrebs und hat als Frontmann für die “Don’t Smoke”-Initiative gedient, die schließlich zum Parlamentsbeschluss für ein generelles Gastro-Rauchverbot mit Mai 2018 führte, verwies auf dessen Aussagen. Er hätte gesehen, dass Rauchverbote “in jeder Bananenrepublik”, aber eben nicht in Österreich möglich seien. “Wie kommen Kinder dazu, dass sie Passivrauchen ausgesetzt sind?”, zitierte sie Kuch und sagte: “Kurt wollte, dass anderen sein Schicksal erspart wird.”

Die Ärztin führte bedenklich Zahlen zum Rauchen in Österreich an: “Laut den aktuellsten OECD-Daten rauchen 24,3 Prozent der österreichischen Bevölkerung täglich. Damit belegt Österreich den drittschlechtesten Platz in der EU. (…) Österreich ist das Land mit den meisten Raucherinnen in Europa mit 22,1 Prozent. Bei den Männern belegt Österreich mit 26,5 Prozent einen Top-Platz.” Unter den Jugendlichen rauchten in Österreich 14,5 Prozent, was deutlich mehr als der OECD-Durchschnitt mit 11,7 Prozent sei.

Die Ärzteschaft will sich jedenfalls intensiv in die Werbemaßnahmen für das Volksbegehren einschalten. Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres sagte: “Der Hebel der Ärzteschaft sind die Patienten. Unsere Kollegen haben pro Tag etwa 300.000 Patientenkontakte. Dort werden wir Informationsmaterial auflegen.” Ziel sei es primär, das Nichtraucherschutz-Anliegen mit dem Beibehalten der Regelung zum generellen Gastro-Rauchverbot ins Parlament zu bringen und die Nationalratsabgeordneten zu einer Ablehnung der Pläne der schwarz-blauen Regierung zu bringen.

Opposition unterstützt “Don’t Smoke”-Petition

Die Oppositionsparteien unterstützen das Volksbegehren von Wiener Ärztekammer und Österreichischer Krebshilfe. Dies teilte die Liste Pilz am Donnerstag in einer Aussendung mit. Die bei einer Online-Petitionsaktion von Wiener Ärztekammer und Österreichischer Krebshilfe gesammelten rund 450.000 Unterschriften seien von Klubobmann Peter Kolba, dem NEOS-Klubobmann Matthias Strolz und der Gesundheitssprecherin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, als Petition an den Nationalrat eingebracht worden.

“Ich habe das Volksbegehren gleich heute früh unterzeichnet”, berichtet Kolba. “Wenn es in Irland oder Italien möglich ist, dass Raucher vor dem Lokal rauchen und die Lokale dennoch voll sind, dann wird das wohl auch in Österreich klappen.”

Es sei nachvollziehbar, dass sich Gastwirte ärgerten, zunächst Raucherzimmer baulich getrennt haben zu müssen, was nun wieder überflüssig werden könnte. “Der Ärger der Wirte sollte sich aber gegen diese Schildbürgergesetzgebung richten und nicht gegen das beschlossene Rauchverbot in Lokalen”, wurde Kolba zitiert. “Ich erwarte ein klares Zeichen gegen die populistisch angekündigte Aufhebung dieses Raucherverbotes durch eine breite Unterstützung dieses Volksbegehrens.”

Volksbegehren : Kern und Rendi-Wagner unterzeichneten

SPÖ-Chef Christian Kern und die ehemalige SPÖ-Gesundheitsministerin und Ärztin Pamela Rendi-Wagner haben bereits ihre Unterstützungserklärung für das Nichtraucherschutz-Volksbegehren “Don’t Smoke” abgegeben. Beide hoffen auf größtmögliche Zustimmung für die Initiative durch die Bevölkerung, betonten sie am Donnerstag vor dem Bezirksamt in der Wiener Innenstadt

Kern und Pamela Rendi-Wagner hatten sich gegen 13.30 Uhr im Alten Rathaus in der Wipplingerstraße eingefunden und präsentierten schließlich die Bestätigungen für ihre Unterstützungserklärung. Alle Österreicher können diese in Magistratischen Bezirksämtern und Gemeindeämtern unabhängig von ihrem Wohnsitz abgeben, ebenso via Handy-Signatur bzw. Bürgerkarte.

“Ich halte diese Initiative für ein gutes Protestsignal. Was die Bundesregierung da tut, ist gegen die Verantwortung und gegen die Vernunft. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen jetzt ein Zeichen setzen”, sagte Kern. Die Unterstützer des Volksbegehrens, das zum Ziel hat, die Regierung von ihrem Plan abzubringen, das vorgesehene generelle Gastro-Rauchverbot wieder zu kippen, könne die FPÖ aber auch daran erinnern, dass sie immer mehr direkte Demokratie gefordert habe.

Pamela Rendi-Wagner, nunmehrige SPÖ-Gesundheitssprecherin, verwies auf die Einstellung der weiten Mehrheit der Österreicher zum Nichtraucherschutz: “Wir wissen aus Umfragen, dass 70 Prozent der Menschen das Rauchverbot in der Gastronomie für gut erachten. Fast eine halbe Million Österreicher haben die Online-Petition unterstützt. Das lässt mich sehr optimistisch in die Zukunft blicken”, sagte sie. “Ich denke, dass die schwarz-blaue Regierung nicht so einfach über die Menschen drüberfahren kann.” Als Ärztin und ehemalige Gesundheitsministerin könne sie nur ganz klar hinter dem Volksbegehren “Don’t Smoke’ stehen.

(APA/Red)

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