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Adam Lambert brachte Queen in Wien Glamour und Bombast zurück

Brian May (R) und Adam Lambert von Queen beim Konzert in Wien
Brian May (R) und Adam Lambert von Queen beim Konzert in Wien ©APA
Jubiläum für Queen in Wien: Bereits zum zehnten Mal hat die Band am gestrigen Sonntag in der Stadthalle Wien ihre königliche Aufwartung gemacht, zum dritten Mal ohne Freddie Mercury. Als Gastsänger stand diesmal Adam Lambert im Dienste Ihrer Majestät - ein riskantes Unterfangen, das der smarte US-Boy aber mit Bravour meisterte.
Konzert in der Stadthalle
Queen-Festspiele in Wien

Mit ihm konnten Queen ihre Trademarks “Glamour” und “Bombast” wieder zur vollen Entfaltung bringen.

Queen – Musical und Konzert in Wien

Alter Spruch: Man kann mit einem Hintern nicht auf zwei Kirtagen sein. Wer seine Sonntagabend-Freizeit am Roland-Rainer-Platz verbringen wollte, hatte die Qual der Wahl: Das Queen-Musical “We Will Rock You” in der Halle F oder Queen live nebenan in der ausverkauften Halle D. Hausgemachte Konkurrenz sozusagen.

Vom einstigen Quartett ist Freddie Mercury 1991 gestorben, Bassist John Deacon gibt schon seit 18 Jahren keinen medial verwertbaren Piep mehr von sich. Bleiben Brian May und Roger Taylor, die nach dem Tod Mercurys vergeblich versuchten, dem Monstrum Queen den Rücken zu kehren. Eine Begegnung mit Free-Sänger Paul Rodgers führte zu einem unerwarteten Revival und ermöglichte der Band zwischen 2005 und 2008 ein neues Album und zwei Tourneen. Rodgers färbte dabei die Songs mit seinem bluesigen Gesang nicht immer textsicher in ein Grau-Blau, das jeglichen Glitter und Glamour verunmöglichte. Mit Adam Lambert, schillernder Showman und ehemaliger Teilnehmer beim amerikanischen “Starmania”-Pendant “American Idol”, feiert die einst traditionelle Bombastshow von Queen aber wieder fröhliche Urständ.

Megashow mit Hitfeuerwerk

Jawohl, Bombast! Mega-Lichtshow, Rauchfontänen, und die mächtige Bühne für die sechsköpfige Mannschaft, die dominiert wird von einem riesigen Q, das strahlt, lasert, blitzdingst, innen Platz für eine effektgespickte Videowall bietet und sich auch zur Gänze in die Waagrechte neigen lässt. Die Q-Schleife dient als Catwalk, der zur B-Bühne mitten ins Publikum führt. Das alles sieht man aber erst, nachdem der enorme Bühnenvorhang zum Opener “One Vision” in die Höhe schießt und das kommende, immer wieder in Nebel und Trockeneis getauchte und zum Finale von Goldregen durchwobene, gut zweistündige Hitfeuerwerk – von “Another Bites The Dust” über “Under Pressure” bis “Bohemian Rhapsody” – gezündet wird.

Eine Band, die allein in Europa über 50 Singles veröffentlicht hat, ist naturgemäß zu einem Best Of verdammt, der Spielraum für Überraschungen ist gering, die Bereitschaft zum Risiko leider ebenso. Im Rampenlicht der kleineren Bühne liefert sich Taylor mit Sohnemann Rufus eine Trommel-Randale, ebendort filmt der gesundheitlich angeschlagene May sich und das Publikum mit seiner Kamera am Selfiestick – Futter für seinen brandneuen youtube-Channel. Den intimen Rahmen nutzt er mit sangesfreudiger Unterstützung des Publikums für ein berührendes “Love Of My Life”, das zur Gedenkveranstaltung für Mercury samt nostalgischem Zuspieler auf der Leinwand mutiert. Ebenso Pflicht: Sein traditionelles Gitarrensolo mit Anklängen vom “Donauwalzer”.

Adam Lambert in den USA beliebt

Lambert genießt in Amerika ziemliche Popularität, in Europa ist das nicht unbedingt so. Seine aktuelle Rolle als Queen-Sänger wird von den Fans zudem äußerst kritisch gesehen. Viel Druck lastet also auf dem 33-Jährigen, der sich offen zu seiner Homosexualität bekennt, selber schon zwei Alben veröffentlicht hat und am dritten gerade bastelt. Die Hardcore-Queen-Gefolgschaft, die auch heutzutage noch stundenlang auf den Saaleinlass wartet und somit quasi vollzählig an der Bühnenkante steht, verfolgt seine Auftritte mit Argusaugen. Eines darf er nämlich nicht: Mercury imitieren oder gar parodieren.

Tut er aber eh nicht. Er zitiert, und das äußerst präzise. Er verfügt über Charisma und Selbstvertrauen, deutet Mercury-typische Posen an, trägt Lederklamotten, rekelt sich auf der roten Chaiselongue zu einer herrlich schwulen Interpretation von “Killer Queen”, er trägt – Sakrileg-Alarm! -, wie es Mercury am Ende der Konzerte seiner letzten Tour getan hat, eine Krone auf dem Haupt. Aber am wichtigsten: Das Publikum liebt ihn. Und Lambert gelingt, woran schon viele namhaftere Kollegen gescheitert sind: Er trifft mühelos alle hohen Töne, zwar mit einer Stimme, die vom Musical kommt und einen Schuss Conchita Wurst enthält, aber immerhin.

Bombastisches Konzert trotz Zipperlein

May (67), Rockgott und Gentleman-Gitarrist, ist seit Dienstag grippekrank, ein Krebsbefund vor gut einem Jahr fiel negativ aus, ein künstliches Kniegelenk nennt er sein eigen. Taylor (65) hat sein gesamtes Hörvermögen eingebüßt und ist beidseitig auf Hörhilfen angewiesen. Auf die Frage, was von Queen heute übrig sei, antwortete Taylor kürzlich: “Queen, das sind nur mehr Brian und ich, wobei ich der einzige bin, der noch gehen kann.” Zwar vermeiden die Herren das Wörtchen “Farewell” wie die heimische Innenpolitik eine substanzielle Verwaltungsreform, aber eine weitere Tournee dieser Größenordnung wird sich wohl nicht ausgehen. Andererseits sagte Taylor in einem aktuellen Interview: “Wir erfinden uns gerade neu.”

Immerhin wurden mit der laufenden Konzertserie bisher beachtliche 500.000 Zuschauer (mindestens 11.500 davon heute in Wien) in die Hallen gelockt. “Wir können das aber nicht ewig machen, denn wissen Sie, auch wir müssen einmal sterben”, orakelte der promovierte Astrophysiker May während der letztjährigen US-Tour. So gesehen sei die Abschlussnummer gleichsam ein Segenswunsch für die beiden Herren: “God Save The Queen”.

(apa/red)

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