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"Ab dann wird alles anders"

Die Wechseljahre waren das Thema beim Mini Med-Abend im Wolfurter Cubus.
Der Vortrag als Video

Primar Dr. Hans Concin vom LKH Bregenz begann mit einem Überblick über die weiblichen Hormone, vor allem die Frauenhormone Östrogen und Progesteron, deren dynamisches System einige Probleme verursachen kann. „Hormone wirken auf jede Zelle im Körper und schützen die Gesundheit und das Leben der Frauen während der fruchtbaren Lebensphase“, so der Experte, „nach dem Wechsel entfällt dieser Schutz. Das heißt jedoch nicht, dass man krank wird!“

Der Primar erklärte die Hormone, ihre Wirkungen auf den weiblichen Körper – und auf die Psyche. Progesteron etwa ist das „Hormon des inneren Friedens“, das für das seelische Gleichgewicht sorgt. Der Experte betonte, dass hormonelle Schwankungen zu körperlicher und seelischer Verletzbarkeit führen können – wenn auch nicht müssen. Im Wechsel fällt das Östrogen ab, die Regel bleibt aus. Wichtig: Das Gelbkörperhormon (Progesteron) beginnt schon viel früher zu fallen, die Balance mit dem Östrogen stimmt nicht mehr. Deshalb haben viele Frauen schon weit vor dem Wechsel Beschwerden.

Mutter auch mit 45

Primar Dr. Peter Schwärzler vom LKH Feldkirch widmete sich dem Thema späte Schwangerschaft und Verhütung im Wechsel: „Irgendwo bei 45 ist schon die Grenze, dann ist die normale Realisierung des Kinderwunsches nach unserem Dafürhalten nicht mehr sinnvoll.“

Denn Frauen kommen mit allen ihren Eizellen auf die Welt – diese sind dementsprechend gleich alt wie die potenzielle Mutter. Beim Mann erfolgt die Samenproduktion fortlaufend, weshalb hier die magische Grenze von 45 Jahren für die Vaterschaft nicht zu ziehen ist. Schwärzler erklärte: „Die Frau verliert im Laufe ihres Lebens die Kapazität, die Eizellen zu reifen – das ist auch der Grund, warum die biologische Uhr tickt.“ Die Verschiebung der Familienplanung hat sich in die späteren Lebensabschnitte verschoben – die Mütter hierzulande sind inzwischen beim ersten Kind durchschnittlich schon über 30 Jahre alt. Die Zyklen der Frau werden mit zunehmendem Alter aus hormonellen Gründen kürzer – und damit auch die Reifezeit der Eizellen, eine erfolgreiche Befruchtung wird damit natürlich erschwert. Wenn eine Frau mit 45 Jahren schwanger werden möchte, gibt es aus medizinischer Sicht einige Bedenken – aber auch Wege, den Kinderwunsch zu realisieren. Primar Schwärzler erklärte, wie die Eizellenspende einer anderen Frau sowie eine künstliche Befruchtung funktionieren. Wobei die Rechtslage in Europa nicht überall dieselbe ist – in Österreich und Deutschland etwa ist es verboten, in Tschechien oder Spanien dagegen nicht, deshalb haben sich hier Angebote entwickelt, die die Beratung und Vorbereitung im Inland – und die richtige Übertragung im entsprechenden Land (Eizellen-Tourismus) – vollziehen. Inzwischen ist es schon über 60-jährigen Frauen gelungen, solche Schwangerschaften auszutragen.

Wie eine Verjüngungskur

Dr. Concin steht der Sache recht positiv gegenüber: „Eine gesunde 50-jährige Frau lebt durchschnittlich noch 40 Jahre und kann durchaus noch Oma werden.“ Außerdem sei es praktisch eine Verjüngungskur: „Frauen mit späten Schwangerschaften werden durchschnittlich älter, es verlängert praktisch die Lebenserwartung.“

Die Wechseljahre bringen auch Vorteile mit sich: Keine Verhütung, keine Regelblutung – und auch keine damit zusammenhängenden Probleme mehr. 30 Prozent der Frauen spüren im Wechsel praktisch gar nichts, 50 Prozent sind mittelgradig, 20 sogar stark betroffen. Die Beschwerden können massiv sein: Schweißausbrüche und Hitzewallungen sind die Klassiker, dazu kommt Nervosität und Müdigkeit, Herzklopfen, Atemnot, Kribbeln, Durchschlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Angstgefühle oder Gelenksbeschwerden.

Die Gabe von Hormonen begann in den 70er-Jahren und funktionierte jahrelang sehr gut, ehe eine große amerikanische Studie sehr schlechte Ergebnisse brachte. Die Dosierungen wurden daraufhin reduziert, man kommt heute mit wesentlich niedrigeren Konzentrationen – und damit auch Nebenwirkungen – aus. Concin: „Inzwischen weiß man recht genau, in welchem Zeitraum und in welcher Dosis eine Hormonbehandlung Sinn macht und auch gut funktioniert.

Am Ende stellte Dr. Schwärzler noch homöopathische oder pflanzliche Mittel gegen Wechseljahr-Beschwerden vor, auch die traditionelle chinesische Medizin bietet Mittel und
Methoden.

Fragen aus dem Publikum

Wenn man in der Perimeno­pause nur Progesteron zuführen muss – ist dann das Thromboserisiko oder das Risiko für Hirnschlag auch gegeben?

Dr. Schwärzler: Nein. Das Verhütungsmittel der Wahl in dieser Phase ist die Hormonspirale, die ausschließlich Progesteron, also das Gelbkörperhormon enthält und nur in der Gebärmutter wirksam ist. Dadurch wird die Thrombosegefährdung nicht erhöht. Bei der klassischen Pille ist auch Östrogen dabei – und das ist das „böse“ Hormon für die Thrombose.

Warum macht es keinen Sinn, mit 50 Osteoporose zu kontrollieren?

Dr. Concin: Weil es keine Konsequenz hat. Bei einer gesunden Frau gibt es vor dem 65. Lebensjahr keine Wirbelkörperbrüche. Es geht nicht um den Knochendichtewert, sondern darum, diese Brüche zu verhindern. Wenn Sie Ihr Risiko genauer kennenlernen möchten, gehen Sie ins Internet und geben ‚frax‘ ein: Dann kommt von der WHO der frax-score in allen Sprachen – da geben Sie Ihre Daten ein und er rechnet Ihnen aus, wie groß Ihr Risiko ist, in den nächsten zehn Jahren einen Bruch zu erleiden.

Wenn ich das richtig verstanden habe, sagten Sie, dass man bei einer Hormonersatztherapie nach einer Pause nicht mehr anfangen soll, weil dann das Krebsrisiko steigt. Was tut man in dem Fall gegen die Beschwerden?

Dr. concin: Jede medizinische Therapie ist ein Abwägen von Vor- und Nachteilen. Wenn Sie massivste Beschwerden haben, wird man das abwägen und darüber reden müssen.

Sind Hormonpflaster oder Tabletten besser?

Dr. Concin: Heute wird grundsätzlich über die Haut empfohlen. Es gibt Ausnahmen, aber das Hormon geht damit direkt ins Blut, so wie der Eierstock das Hormon direkt ins Blut abgibt. Wenn man das Hormon schluckt, geht es zunächst in den Darm und dann in die Leber – und dieser Transfer ist für das erhöhte Thromboserisiko verantwortlich. Auch das Ausschleichen ist mit dem Pflaster einfacher, weil man das zuschneiden kann. Bei Medikamenten erhöht man einfach die Intervalle der Einnahme.

Wann ist der Wechsel vorbei – ist er überhaupt irgendwann vorbei?

Dr. schwärzler: Das ist unterschiedlich, wie auch mit dem Beginn der Zyklen – die Übergangsphase ist unterschiedlich lang. Im Schnitt beginnt der Wechsel bei über 80 Prozent der Frauen zwischen 48 und 52 und dauert zwei bis drei Jahre – es kann aber auch zehn Jahre dauern.

Muss man die Hormone ein Leben lang nehmen oder kann man irgendwann aufhören?

Dr. concin: Ich habe ein paar Frauen über 80, aber das ist die große Ausnahme. Im Normalfall dauert es wie schon erwähnt zwei bis drei Jahre. Das sind aber ganz individuelle Entscheidungen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt treffen. Wir gehen total weg von einer Standardmedizin zu einer absolut individualisierten – da entscheiden Sie selbst ganz entscheidend mit. Es geht dabei ja auch um Lebensqualität, nicht nur um Krankheit oder Gesundheit.

Darf man Hormontabletten abrupt absetzen oder muss man das langsam machen?

Dr. Concin: Sie können abrupt absetzen. Allerdings hat
man auch Probleme mit
starken Hormonschwankungen – es können Entzugssymptome auftreten. Besser ist ein langsames Ausschleichen.

Ist die Einnahme von Kal­ziumtabletten für den Knochen sinnvoll?

Dr. Concin: Wir brauchen ungefähr 1000 Milligramm Kalizum pro Tag. Vor dem Wechsel spielt es keine so große Rolle, Östrogene kompensieren sozusagen eine erniedrigte Kalziumzufuhr durch eine verstärkte Resorption. Das fällt mit dem Wechsel weg, dann brauchen wir mindestens die 1000 mg – das ist ohne Milchprodukte fast nicht zu schaffen. D. h., die Frage ist, wie die Ernährung aussieht – schaden kann es auf keinen Fall. Alle Ärzte empfehlen, nach dem Wechsel Kalzium zu sich zu nehmen.

Dr. Schwärzler: Wenn eine Behandlung durchgeführt wird, etwa mit Medikamenten, dann ist die Kalzium-Zufuhr doppelt wichtig.

 

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