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60 Jahre McDonald's: Wie zwei Brüder das Fast Food erfanden

McDonald's wird 60
McDonald's wird 60 ©dpa
McDonald's ist Symbol des "American Way of Life" - doch der Mythos verblasst. Am 60. Geburtstag steht der Fast-Food-Konzern für Übergewicht, Niedriglohn und Umsatzschwund. Ein neues Erfolgsrezept muss her.

Niemand hatte die Absicht, ein Burger-Imperium zu bauen: Der Ursprung von McDonald’s basiert auf einem Missverständnis. Die beiden Brüder mit der revolutionären Idee hatten nie vor, ihr Konzept vom Fast Food groß rauszubringen. Das tat dann ein Milchshake-Vertreter.

Vor dem Burger-Riesen McDonald’s waren die Burger-Brüder McDonald’s: Richard “Dick” und Maurice “Mac” zogen Ende der 1920er-Jahre vom ländlichen New Hampshire nach Kalifornien, um ihr Glück als Unternehmer zu suchen. Ihr Ziel: Die erste Million vor dem 50. Lebensjahr machen. Das haben sie geschafft – und auf dem Weg dahin die weltweite Essenskultur für immer verändert.

Konzentration auf das Wesentliche

Alles begann mit dem 15-Cent-Hamburger. 1948 betrieben die Brüder bereits ein erfolgreiches Drive-in-Schnellrestaurant in der damals von der Arbeiterklasse geprägten Stadt San Bernardino. Das Geschäft lief gut, doch es ginge noch besser, dachten sich die McDonald’s.

Künftig verzichteten sie auf Kellnerinnen, die das Essen zu den Autos der Kundschaft brachten und stellten die Küche auf eine vorgefertigte Angebotspalette mit Selbstbedienung um, die hinter dem Tresen verkauft wurde. Das Konzept des Fast Food – auf Deutsch: schnelles Essen -, das das Gastgewerbe revolutionieren sollte, war geboren.

Die Brüder orientierten sich dabei am Fordismus, der zuvor die Produktion in der Autoindustrie umgekrempelt hatte: Eine Art Fließbandfertigung, genannt “Speedee Service System”, wurde eingeführt. In kleinteiligen Arbeitsprozessen steuerten Angestellte nur noch wenige Handgriffe zum Endprodukt bei.

Das Menu wurde deutlich verkleinert, Sonderwünsche nicht mehr zugelassen: Hamburger, Cheeseburger, Milchshakes und Softdrinks sowie Milch, Kaffee, Kartoffelchips und Kuchen – mehr gab die Speisekarte nicht mehr her. Pommes, heute einer der Verkaufsschlager, wurden erst 1949 eingeführt.

Neues Design und Markenzeichen

Dick McDonald sorgte dafür, dass dem Geschäft ein neues Design verpasst wurde. Rot-weiße Fliesen und ein Paar goldene Bögen, von denen er glaubte, dass sie das Gebäude erhabener erscheinen lassen würden. Die “Golden Arches” sollten später ein M formen und zum weltberühmten Markenzeichen avancieren.

Das Konzept der Brüder entpuppte sich als revolutionär. In den 1950ern boomte das Geschäft, es gab bereits acht Schnellrestaurants im Südwesten der USA und fast zwei Dutzend weitere, die das System der McDonald’s-Brüder nutzten. Die Großaufträge für Milchshake-Mixer zogen dann das Interesse des Handelsvertreters Ray Kroc auf sich.

Franchise-Beauftragter

Erstaunt über die rege Nachfrage nach den Maschinen, die er vertrieb, machte Kroc sich auf den Weg nach Kalifornien, um das Fast-Food-Phänomen persönlich in Augenschein zu nehmen. Er erkannte das Potenzial der Geschäftsidee und überzeugte die McDonald’s-Brüder, ihn zum Franchise-Beauftragten zu machen, um sie zu verbreiten.

Am 15. April 1955 machte Kroc in Des Plaines nahe Chicago die erste Filiale der Firma auf, die später zur McDonald’s Corporation und damit zum weltgrößten Burger-Konzern werden sollte. 1959 gab es bereits 100 McDonald’s-Schnellrestaurants in den USA.

Mit den McDonald’s-Brüdern, die mit ihrem Konzept zunächst gar nicht hatten expandieren wollen, hatte Kroc allerdings nicht mehr viel Freude. Sie verkauften Geschäftsrechte einfach anderweitig, die Zusammenarbeit erwies sich als äußerst schwierig.

Kroc kauft McDonald’s

1961 kaufte Kroc die beiden für 2,7 Mio. Dollar (aktuell 2,5 Mio. Euro) aus dem Geschäft heraus. Es sollte sich als gute Investition erweisen – bereits wenig später machte die Kette Milliardengewinne, 1965 wurde sie an der Börse gelistet.

Dick und Mac McDonald behielten nur das Original-Geschäft in San Bernardino. Nach dem Krach mit Kroc durften sie es nicht einmal mehr unter ihrem eigenen Namen betreiben und entschieden sich deshalb für die Marke “Big M”.

Inzwischen waren die Fronten jedoch so verhärtet, dass Kroc es sich nicht nehmen ließ, einen Block weiter einen eigenen McDonald’s aufzumachen. Diese Konkurrenz bedeutete das Aus für den Laden der Brüder – sie hatten zwar ihre Millionen gemacht, scheiterten letztlich aber doch irgendwie am Erfolg ihres Konzepts.

Chronologie der Anfangsjahre

1940: Die Brüder Dick und Mac McDonald eröffnen das “McDonald’s Bar-B-Q Restaurant” in San Bernardino im US-Bundesstaat Kalifornien.

1948: Das Geschäft wird als Selbstbedienungsladen mit verkleinertem Menu neu eröffnet. Die Idee des “Fast Food” ist geboren.

1954: Milchshake-Maschinen-Vertreter Ray Kroc steigt als Franchise-Agent bei den McDonald’s-Brüdern ein.

1955: Kroc eröffnet in Des Plaines, Illinois, die erste Filiale des McDonald’s-Konzerns.

1959: McDonald’s eröffnet das 100. Schnellrestaurant in Fond Du Lac, Wisconsin.

1961: Kroc kauft den McDonald’s-Brüdern das Geschäft für 2,7 Millionen US-Dollar ab.

1965: McDonald’s geht an die Börse. Die Aktien wurden zum Ausgabekurs von 22,50 Dollar angeboten.

1967: Der Konzern wird international – die ersten Filialen in Kanada und Puerto Rico eröffnen.

1968: Der Big Mac, bis heute ein Verkaufsschlager, erscheint erstmals auf der landesweiten Speisekarte.

Jubiläum im Zeichen der Krise

60 Jahre nach der Gründung ist das Unternehmen mit mehr als 36.000 Schnellrestaurants in 119 Ländern vertreten und machte zuletzt über 27 Mrd. Dollar Jahresumsatz. Doch die Kette steckt in der vielleicht schwersten Krise ihrer Unternehmensgeschichte. Erstmals seit mehr als zehn Jahren gingen die globalen Verkäufe 2014 zurück. Im wichtigen US-Heimatmarkt steht der Marktführer heftig unter Druck, und auch sonst läuft es alles andere als rund.

2015 scheint der Werbeslogan “Ich liebe es” nur noch ein realitätsferner Wunsch der Marketingabteilung. McDonald’s laufen die Kunden weg. In Amerika jagen die klassischen Konkurrenten wie Burger King, Taco Bell oder Wendy’s dem Branchenprimus Marktanteile am unteren Ende der Preisspanne ab. Im Premiumbereich boomen kleinere Burgeranbieter wie Five Guys, Shake Shack oder In-N-Out.

Insgesamt entwickelt sich der Trend zum gehobeneren “Fast Casual Dining” – die Gewinner sind Ketten wie Chipotle Mexican Grill oder Panera Bread, denen es gelingt, sich erfolgreich als Bio-Anbieter unter den Schnellrestaurants zu vermarkten. Nachdem die Geschäfte bei McDonald’s immer schleppender liefen, gab Konzernchef Don Thompson nach nicht einmal drei Jahren auf. Im März übernahm Nachfolger Steve Easterbrook und rief den Krisenmodus aus. McDonald’s müsse sich dringend den veränderten Vorlieben der Verbraucher anpassen.

McDonald’s will gesünder werden

Mit neuen Menu-Kreationen – Analysten spekulieren sogar, dass bald der in der US-Ökoszene angesagte Grünkohl auf der Speisekarte landet – und Experimenten mit ganztägigem Frühstück sollen Kunden zurückgewonnen werden. Zudem ergriff Easterbrook Maßnahmen, um den ramponierten Ruf wieder herzustellen: So wurden in den USA eine Verschärfung der Richtlinien für Antibiotika-Hühnerfleisch und ein lange gefordertes Lohnplus für Angestellte des Konzerns beschlossen.

Kritiker bewerten die Schritte jedoch als halbherzig, Mitarbeiter wollen weiter gegen niedrige Bezahlung protestieren. McDonald’s kämpft nicht nur in den USA mit Image- und Absatzproblemen. In Asien bremsen die Folgen des Gammelfleischskandals eines Zulieferers den Konzern aus. In Deutschland steigt wie in den USA die Konkurrenz durch Edelburger-Brater, zudem heizen Pizza-Dienste, Sandwich- und Fischrestaurant-Ketten den Wettbewerb an.

Bedienung an den Tisch

Im Kampf gegen den Kundenschwund verabschiedet sich McDonald’s in Deutschland sogar von einem seiner Grundsätze: Die Gäste müssen sich nicht mehr unbedingt am Tresen anstellen, sondern werden auch direkt an ihrem Tisch bedient. “Das ist für uns ein großer Schritt”, sagte Deutschland-Chef Holger Beeck jüngst bei der Wiedereröffnung des größten deutschen Restaurants der Kette im Frankfurter Flughafen, wo sich künftig Kellner um die Kundschaft kümmern.

Ob die Trendwende mit neuen Rezepten, Kellnern und Lohnplus gelingt, ist ungewiss. Zumindest für Aktionäre hätte McDonald’s noch einen Joker in der Reserve. Der Konzern sitzt auf einem riesigen Immobilienvermögen, ihm gehören mehr als die Hälfte der Grundstücke und Gebäude, die seine Schnellrestaurants nutzen. Mehr als 20 Milliarden Dollar ist das Portfolio nach Schätzungen von Analysten wert. New Yorker Hedgefonds wie Glenview Capital schielen bereits auf diesen Schatz und fordern seine Abspaltung in einen Investmentfonds.

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