“Wir wollen bei der Kunstvermittlung an Blinde und Sehbehinderte ein ganz neues Kapitel aufmachen”, so Reiner Delgado. Der Kulturreferent des Deutschen Blinden und Sehbehindertenverbands präsentierte den “Kuss” bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, gemeinsam mit den Projektpartnern, darunter das Belvedere oder das Manchester Museum, wo man das Verfahren auf archäologische Funde anwendete: ein Katzensarkophag wurde per computergesteuerter Fräse nachgebildet. “Irgendwann haben blinde und sehbehinderte Menschen vielleicht selbst einen 3D-Drucker zu Hause und können sich die entsprechenden 3D-Dateien von der Museumshomepage herunterladen.”
Klimts “Kuss” als Relief für Blinde im Belvedere
Der “Kuss” wurde in vielen ornamentalen Details pixelgenau ins Relief überführt. Per Finger-Tracking wird außerdem erkannt, an welcher Stelle das Bild berührt wird und entsprechende Informationen via Audio geliefert. So wird aus “Flachware”, wie zweidimensionale Objekte in der technologischen Fachsprache heißen, ein multidimensionales Werk.
“Der Klimt ist aber keine Flachware!”, verwehrte sich Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco umgehend gehen solche Begriffe. Der Künstler habe mit Gold und Platin gearbeitet, um seiner Oberfläche meisterliche Tiefe zu verleihen. “Aber angreifen dürfen wir das leider auch nicht.”
5,5 Prozent der Blinden und Sehbehinderten machen Museumsbesuche
Neben dem Wunsch, Blinden und Sehbehinderten den Zugang zu Kunstwerken zu ermöglichen, stehen allerdings auch ökonomische Überlegungen im Hintergrund des EU-geförderten Projekts, wie Christian Helmenstein vom beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitut Economica erklärte.
5,5 Prozent der Blinden und Sehbehinderten besuchen einmal im Jahr ein Museum. Würde man diese Gruppe an die allgemeine Besuchsfrequenz heranführen, gebe es ein EU-weites Wertschöpfungspotenzial für Museen von 400 Millionen Euro jährlich.
(APA/Red)
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