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225 Euro für eine Stunde parken

Klaus Wagner und Ludwig Widmer übersahen das Schild, das auf die Besitzstörungsklage hinweist.
Klaus Wagner und Ludwig Widmer übersahen das Schild, das auf die Besitzstörungsklage hinweist. ©HEY
Ravensburg, Lochau - Wenn Besitzstörungsklage droht, kann es teuer werden. ÖAMTC rät: Sofort zahlen.

Es ist der letzte Sonntag im August. Das Wetter ist schön und ideal für einen Ausflug. Also beschließen zwei befreundete Ehepaare aus Ravensburg einen Spaziergang am Kaiserstrand in Lochau zu unternehmen. Mit zwei Pkw fahren sie an den Bodensee, stellen ihre Fahrzeuge auf einem Parkplatz in der Lindauerstraße unweit des Grenzübergangs ab. „Das war ein sehr schöner Tag“, erinnert sich Edda Widmer (69). Ein paar Tage später sollte sich dieser Eindruck aber drastisch ändern.

Widerrechtlich geparkt

Im Briefkasten finden die Pensionisten eine unerfreuliche Nachricht eines Bregenzer Anwaltes vor. Er verweist darauf, dass die Fahrzeuge auf der privaten Grundstücksfläche widerrechtlich abgestellt wurden. Zudem droht er mit einer Besitzstörungs- bzw. Unterlassungsklage und fordert zu einer fristgerechten Zahlung von 225,23 Euro auf. „Ich war stocksauer“, meint Klaus Wagner (67) rückblickend und Ludwig Widmer (72) ergänzt: „In dem Moment habe ich mich nur noch abgezockt gefühlt.“

Schild ist schuld am Ärger

Dabei zeigen sich die Ravensburger durchaus einsichtig, schließlich haben sie das Schild, das für den ganzen Ärger verantwortlich ist, einfach übersehen. Darauf ist zu lesen: „Nur für Kunden und Mieter Lindauerstraße 31. Bei Nichtbeachtung erfolgt Besitzstörungsklage.“ Erst bei der Rückkehr zu den Autos sei es ihnen aufgefallen. Aber da kein Strafzettel an der Scheibe war, hätten sie sich nichts weiter gedacht. „Wir haben einen Fehler begangen. Das ist uns klar. Aber 225 Euro dafür zu bezahlen, das ist doch eine Unverhältnismäßigkeit, die nicht in Ordnung ist.“

Zudem stößt den Ehepaaren die Begründung der zu zahlenden Anwaltskosten auf. In dem Brief ist vermerkt, dass seine Mandantin durch das Fehlverhalten „im ruhigen Besitz und dem Recht der ungehinderten Benützung des Parkplatzes gestört“ wurde. Gleichwohl seien an dem Tag der Ordnungswidrigkeit maximal 15 Pkw auf dem rund 60 Stellplätze umfassenden Parkplatz gestanden. „Wir haben also niemanden behindert und auch keine Ruhestörung begangen.“

Vielmehr vermuten sie hinter den Zahlungsaufforderungen ein Geschäftsmodell. „Die Beteiligten verdienen sich dadurch doch eine goldene Nase. Wenn da am Wochenende nur 20 Personen falsch parken, dann sind das Einnahmen von rund 20.000 Euro im Monat“, rechnet Wagner vor.

Wie viele dieser Schreiben jährlich verschickt werden, ist bei der Vorarlberger Anwaltskammer nicht bekannt. „Ich glaube aber nicht, dass Anwälte mit Besitzstörungsklagen reich werden“, gibt Präsidentin Birgitt Breinbauer zu verstehen.

Abschreckende Wirkung

Vielmehr konnte sie in den vergangenen Jahren einen Trend feststellen: „Es gibt immer mehr Menschen, die sich in Bezug auf ihr Privatgrundstück zur Wehr setzen und gegen den Missbrauch vorgehen.“ Die Rigorosität, mit der auf das eigene Recht gepocht wird, zeige eine abschreckende Wirkung. „Danach stellen sich die Parksünder nicht mehr auf das Grundstück“, ist sich Breinbauer sicher. Zudem handle es sich bei der Androhung der Besitzstörungsklage um einen rechtlich einwandfreien Weg.

Das bestätigt auch ÖAMTC-Jurist Dominik Tschol. Der Experte rät, das Geld zu überweisen, da es im Fall einer Klage teuer werden kann. „Ansonsten wird das Amtsgericht einbezogen und dann können aus den 225 Euro schnell bis zu 800 Euro werden.“ Interessantes Detail: „Das Schild wäre gar nicht nötig gewesen. Sobald Privatgrund unerlaubt genutzt wird, können die Eigentümer rechtlich handeln“, sagt Tschol.

Beim Bezirksgericht Dornbirn sind im vergangenen Jahr 85 Besitzstörungsklagen eingegangen. Heuer waren es bis Ende Oktober 36 Fälle. Beim Bezirksgericht Bludenz wird pro Monat lediglich eine Besitzstörungsklage registriert.

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