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2016 ungewöhnlich lange Dauer bei Lohnsteuerausgleich? Das sagt die AK Vorarlberg

AK-Experte Bahl über die Änderungen 2017.
AK-Experte Bahl über die Änderungen 2017. ©Symbolbild/Bilderbox
Laut Berichten häufen sich in Österreich Beschwerden, dass Lohnsteuerpflichtige nach Einreichung des Steuerausgleiches teils monatelang auf einen Bescheid warten müssten. Wir haben nachgefragt, was es damit auf sich hat.

“Das ist ein Phänomen, das es früher so nicht gegeben hat”: Mit diesen Worten zitiert die “Presse” in ihrer Onlineausgabe Otto Farny, seines Zeichens für Steuerrecht bei der AK Wien verantwortlich. 2016 habe es vermehrt Beschwerden gegeben, dass Lohnsteuerpflichtige nach Einreichung ihres Steuerausgleichs (der sogenannten Arbeitnehmerveranlagung) monatelang auf einen Bescheid warten müssten – obwohl keine Dokumente fehlten oder spezielle Prüfungen notwendig wären. Möglicher Grund laut Farny: Bei der elektronischen Übermittlung von Lohnzetteln gebe es laut Berichten manchmal Probleme. Das Finanzministerium wiegelt gegenüber der “Presse” ab: Es handle sich um Einzelfälle. Die Statistik weise aus, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit mit 18 bis 20 Tagen im ersten Halbjahr 2016 gleich gewesen sei wie 2014 und 2015.

AK Vorarlberg: Verzögerungen bei komplexen Fällen möglich

Auf VOL.AT-Nachfrage sagt Wolfgang Bahl, Steuerrechtsexperte bei der AK Vorarlberg, dass es im Jahr 2016 keinen signifikanten Anstieg an Beschwerden in Vorarlberg gegeben habe. Allerdings räumt er ein, dass man grundsätzlich unterscheiden müsse: Einfache Anträge würden von der Finanz sogar oft noch am Tag des Einlangens bearbeitet. Probleme, das weiß auch der AK-Experte zu berichten, könne es bei komplexeren Fällen geben. Dies betreffe etwa Steuerausgleiche, bei welchen eine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werde: Hier seien Verzögerungen durchaus nicht ausgeschlossen – oft auch bis zu einem halben Jahr, so Bahl. Betroffen seien davon häufig Arbeitnehmer aus dem Ausland, etwa Leiharbeiter aus Deutschland oder Polen. Die AK könne hier aber helfen. In solchen Fällen rät er zu einem informellen Ansuchen um bescheidmäßige Erledigung an das Finanzamt, welches auch Bahl selbst für Betroffene verfasst. Wird das Finanzamt nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen eines Anbringens – darunter fallen die Arbeitnehmerveranlagungen – durch einen Bescheid tätig, könne auch beim Bundesfinanzgericht eine Säumnisbeschwerde eingebracht werden, wie Bahl ausführt.

Verzögerungen seien laut Bahl in Fällen denkbar, in denen Beschwerde gegen den bereits erhaltenen Einkommensteuerbescheid eingelegt worden sei – und der Instanzenzug über das Bundesfinanzgericht bemüht werde. In diesem Beschwerdeverfahren, erklärt der Experte, könne es durchaus zu langen Verfahrensdauern kommen, die teilweise deutlich länger als ein Jahr in Anspruch nehmen könnten. Abhilfe soll hier aber ab dem Jänner 2017 ein neues Rechtsmittel schaffen – die sogenannte Vorlageerinnerung. Mit ihr können Abgabepflichtige selbst das Bundesfinanzgericht anrufen, wenn das Finanzamt mit der vorliegenden Beschwerde säumig ist. Erfolgt vom Finanzamt nicht binnen zwei Monaten eine Antwort, kann die Vorlageerinnerung eingebracht werden.

Factbox – Lohnsteuerausgleich

Verzögerungen, Beschwerden, Neuerungen: Alles um den Lohnsteuerausgleich – Wir haben beim AK-Steuerrechtsexperten Wolfgang Bahl nachgefragt:

Arbeitnehmerveranlagung:
Gewöhnliche Arbeitnehmerveranlagungen werden oft rasch durch das Finanzamt bescheidmäßig erledigt. Komplexe Arbeitnehmerveranlagungen, z.B. mit Ausgaben in Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung, können auch länger dauern. Nach 6 Monaten Zuwarten kann man beim Bundesfinanzgericht eine Säumnisbeschwerde einbringen bzw. kann ein Ersuchen (schriftlich oder über FinanzOnline) um bescheidmäßige Erledigung mit einer Begründung (beispielsweise ein finanzieller Engpass) unbürokratischer und hilfreich sein.

Instanzenzug bei Beschwerden gegen Einkommensteuerbescheide des Finanzamts:
Wenn man mit dem Inhalt eines Bescheids des Finanzamts nicht einverstanden ist, kann man innerhalb eines Monats nach Bescheidzustellung dagegen eine Beschwerde beim zuständigen Finanzamt einbringen. Dies kann über FinanzOnline oder schriftlich erfolgen (nicht mit E-Mail). Soll die Zahlungsverpflichtung hinausgeschoben werden, ist ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung zu stellen.

Das Finanzamt kann sodann die Beschwerde nach Durchführung allfälliger Ermittlungen durch Beschwerdevorentscheidung selbst erledigen oder an das Bundesfinanzgericht (BFG – in Vorarlberg in Feldkirch) vorlegen (Beschwerdevorlage). Wenn man auch mit der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts nicht einverstanden ist, kann man innerhalb eines Monats einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht stellen (Vorlageantrag).

Arbeiterkammer/Bilderbox
Arbeiterkammer/Bilderbox ©AK-Experte Wolfgang Bahl gibt Auskunft. Arbeiterkammer/Bilderbox

Säumnis:

Wird das Finanzamt nicht innerhalb von 6 Monaten nach Einlangen eines Anbringens (darunter fallen auch die oben erwähnten Arbeitnehmerveranlagungen, Beschwerden bzw. Vorlageanträge) durch einen Bescheid tätig, kann man beim Bundesfinanzgericht eine Säumnisbeschwerde einbringen.
Leider treten im Beschwerdeverfahren häufig lange Verfahrensdauern auf, teilweise deutlich mehr als ein Jahr.

Neu: Abgabepflichtige werden ab dem 1.1.2017 durch die Vorlageerinnerung selbst das Bundesfinanzgericht anrufen können, wenn das Finanzamt mit der Beschwerdevorlage säumig ist. Erfolgt nämlich die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Bundesfinanzgericht nicht innerhalb von 2 Monaten ab Einbringung des Vorlageantrags bzw. bei Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, kann man beim Bundesfinanzgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Die Vorlageerinnerung hat den Bescheid, gegen den vorgegangen wird, zu bezeichnen, und darüber hinaus sind die Beschwerdevorentscheidung sowie der Vorlageantrag beizulegen. Dies soll ein Rechtsbehelf gegen die häufig langen Verfahrensdauern werden.

(VOL.AT/Red.)

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