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„Bürgermeister ist ein Traumberuf“

Wilfried Berchtold: „Ich verspüre großen Rückhalt bei den Bürgern und Solidarität in der Stadtpartei.“
Wilfried Berchtold: „Ich verspüre großen Rückhalt bei den Bürgern und Solidarität in der Stadtpartei.“ ©VOL.AT/ Hofmeister
Feldkirch - Keine Zweifel an einer Wiederkandidatur lässt Wilfried Berchtold im VN-Interview aufkommen. Für ihn ist klar, dass er sich auch 2015 der Wahl durch die Bürger stellt.

Er sei voller Tatendrang für die Stadt, in anderen Funktionen habe er sich bewusst rar gemacht. Die Realisierung der Verkehrsentlastung hat in Feldkirch Priorität.

Letzetunnel, Südumfahrung, Stadttunnel: Es gab schon viele Namen für die jahrzehntelang diskutierte Tunnellösung, die das verkehrsgeplagte Feldkirch entlasten soll. Glauben Sie, dass der Baubeginn noch in ihre Amtszeit fällt?

 Ich bin zuversichtlich, dass dieses Projekt 2015/2016 gestartet wird. Die Vorverfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sind bereits abgeschlossen. Im Herbst dieses Jahres wird das UVP-Verfahren eingeleitet.

Steht die Finanzierung?

Die Finanzierung ist gesichert. Bei der Überführung der Bundesstraßen in die Landesverantwortung hat das Land für das Projekt Letzetunnel einen Beitrag von 40 Millionen Euro zugesproen erhalten. Das war damals eine Vorleistung des Bundes. Konkrete Anliegen der Stadt sind aber durch Beiträge aus Feldkirch abzugelten.

Mit dem Montforthaus, dem Illspitz-Kraftwerk und dem Stadttunnel stehen mehrere Mammutprojekte an. Wer dort viel ausgibt, muss an anderen Orten sparen. In welchen Bereichen wird die Stadt und damit auch der Bürger in Zukunft den Gürtel enger schnallen müssen?

Wir werden weiterhin das Notwendige vor das Wünschenswerte stellen. Und wir werden sparen müssen bei Ausgaben, die in den letzten Jahren außer Diskussion gestanden sind.   

Wo konkret?

Wir haben zwar eine sehr schlanke Verwaltung, aber wir werden auch hier weiter sparen müssen. Auch gilt es Sorge zu tragen, dass wir im Bereich der Gebührenhaushalte ausgeglichen bilanzieren können. 

Das heißt, es wird Gebührenerhöhungen geben.

Das ist nicht auszuschließen. Wir haben etwa bei der Abwasserentsorgung einen Abgang von jährlich 900.000 Euro. Auch in der Pflege gibt es keine kostendeckenden Beiträge. Neben dem Ausgleich bei den Gebührenhaushalten sind Rückstellungen von Investitionen und Verkäufe von Grundstücks­reserven geplant. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel an Vermögen in Feldkirch geschaffen, das jetzt auch als Eigenkapital für Projekte verwendet werden kann.

Würden Sie das Montforthaus aus heutiger Sicht immer noch in diesem Volumen angehen? Das Feldkirch Festival hat ja gezeigt, wie schwer es ist, sich sowohl als Kulturstadt zu positionieren als auch die Kosten im Rahmen zu halten.

Ursprünglich sind wir davon ausgegangen, dass eine Sanierung ausreicht. Die Untersuchungen haben aber ergeben, dass eine Sanierung nicht wesentlich günstiger kommt als ein Neubau. Das neue Haus wird in seiner Dimensionierung nicht größer als das bestehende. Es wird auch nicht größer sein als vergleichbare Veranstaltungszentren in anderen Gemeinden.

Wie soll es beim Feldkirch Festival weitergehen?

 Wir wollen regionalen und internationalen jungen Künstlern eine Plattform bieten und uns mit aktuellen Themen auseinandersetzen. Teure Opernproduktionen gibt es nicht mehr, das Budget wird insgesamt reduziert. Das Festival will nicht der Schubertiade oder den Bregenzer Festspielen Konkurrenz machen, sondern soll maßstäblich für eine Kulturstadt wie Feldkirch sein.

Wurde das Feldkirch Festival rückblickend zu schnell aus dem Boden gestampft?

Die Entscheidung, dass Feldkirch ein eigenes Festival haben soll, war richtig. Davon bin ich nach wie vor überzeugt. Es wurden aber nicht jene Ziele erreicht, die ich mir vor zehn Jahren gewünscht habe.

Wie stehen Sie zum weiteren Ausbau von Einkaufszentren an der Peripherie von Feldkirch und Rankweil?

Wir haben dazu eine Untersuchung in Auftrag gegeben, deren Ergebnis am 22. Februar präsentiert wird. Die Studie belegt, dass es gewisse Risiken für die Nahversorgung und die Entwicklung der Dorfzentren gibt. Eine wesentliche Frage ist, welche Branchen dort angesiedelt werden. Um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, muss es insgesamt vermehrt zu Kooperationen in der Region kommen – vor allem was die Betriebsansiedelungen und die Raumordnung betrifft. Wir sind gemeinsam mit Rankweil und den Gemeinden des Vorderlandes in einem solchen Projekt eingebunden, aber wir sind noch längst nicht am Ziel.

Um den Bahnhof soll in den nächsten Jahren ein Viertel mit Geschäften und Dienstleistungsbetrieben entstehen. Wie man hört, läuft die Investorensuche schleppend.

Es ist momentan nicht die allerbeste Zeit, Investoren für neue Projekte zu finden. Es ist eine gewisse Verunsicherung spürbar, das müssen wir auch im Zusammenhang mit dem Projekt Bahnhof zur Kenntnis nehmen. Für Anfang März ist aber eine nächste Gesprächsrunde mit den ÖBB und potenziellen Interessenten anberaumt.

Täuscht der Eindruck, dass Sie sich ganz auf Feldkirch konzentrieren? Sowohl im Gemeindeverband als auch als wichtiger Repräsentant der ÖVP haben Sie sich ja sehr zurückgezogen.

Ich habe mich in diesen Bereichen bewusst zurückgenommen. Es gibt für mich genug zu tun in Feldkirch.

Kann man das so deuten, dass sie auf Distanz zur ÖVP gegangen sind? Immerhin haben sich wichtige Repräsentanten der Partei – auch der damalige Landeshauptmann Herbert Sausgruber – in der für sie so belastenden Zeit nicht hinter sie gestellt.

Ich habe mit dem neuen Landeshauptmann ein sehr gutes persönliches Verhältnis. Das Rarmachen hat ausschließlich mit der Konzentration auf den Bürgermeisterposten zu tun.

Sind Sie mit der ÖVP wirklich im Reinen?

 Ich bin Mitglied der ÖVP, ich bin Stadtparteiobmann, und die Zusammenarbeit auf Landesebene funktioniert einwandfrei.

Schaut ihr Freundeskreis heute anders aus als vor zwei Jahren?

 Ich verspüre großen Rückhalt bei den Bürgern und in der Verwaltung und erfahre Solidarität in der Partei. Durch meine Konzentration auf das Bürgermeisteramt habe ich aber andere Kontakte reduziert.

Heute vor einem Jahr hat der Prozess gegen Sie begonnen. Wie geht es Ihnen persönlich? Die Arbeit als Bürgermeister macht mir Freude. Es ist ein Traumberuf. Mehr möchte ich zu dieser Frage aber nicht sagen.
Haben Sie jemals an Rücktritt gedacht?

Nein, zu keinem Zeitpunkt.

Sie wirken voller Tatendrang, scheinen noch für viele Jahre in der Politik zu planen. Werden Sie 2015 bei der nächsten Gemeindewahl wieder kandidieren?

Es gibt noch viele Aufgaben zu bewältigen, die ich persönlich mittragen will. Aus heutiger Sicht werde ich bei den Wahlen wieder kandidieren.

Diese klare Ansage überrascht. Sie gehen davon aus, dass ein Wahlkampf nicht zu einer Schlammschlacht ausartet.

 Natürlich, davon gehe ich aus. Wir respektieren uns hier in Feldkirch gegenseitig. Wir haben alle Großprojekte einstimmig beschlossen. Dass mich nicht mehr alle Menschen wählen, die das bisher gemacht haben, ist mir aber auch klar.

Das Interview führten VN-Chefredakteur Christian Ortner und Bezirksredakteur Jörg Stadler.

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